Die Sprache der Natur Walter

 

Angerer der Jüngere

 

 

"Zeichen erzählen Geschichte und Geschichten", sagt Angerer der Jüngere. Für ihn ist „Zeichen zu sehen, zu erkennen und umzusetzen" innerster Beweggrund der künstlerischen Verwandlung überhaupt, erklärtes Ziel aber in seiner Malerei der letzten Jahre.

Von Anfang an waren es Zeichen der Natur, aber auch Zeichen der Zeit, die Anlass sind für den Künstler. Nur, er geht heute weniger den Umweg über gegenständlich erzählte Geschichten, er nimmt die Zeichen unmittel­bar aus den Gegebenheiten der Natur — das Bild der Realität hat sich gewandelt.

Walter Angerer der Jüngere wurde bekannt mit seinen phantastischen Bildern einer skurrilen, surrealen Welt voll Fabelwesen und erfundenen Geschichten, die aber gleich­wohl Bezug nehmen auf aktuelles Geschehen der Zeit verschlüsselt vielleicht, aber nicht weniger realistisch. Aus dieser Welt der klassischen Feinmalerei brach Angerer vor nunmehr 4 Jahren aus und entdeckte eine völlig neue Welt für sich und seine Kunst. Auf einer Reise in Tunesien erlebte der Maler die Schönheit, aber auch die für einen Europäer abstrakte Zeichenhaftigkeit der arabi­schen Schrift, vertiefte sich in andere kalligraphische Runen und Schriften aus der Antike, aber auch aus dem moder­nen Asien, und erkannte für sich eine merkwürdige Ver­wandtschaft zu einer ganz anders gearteten Kalligra­phie, nämlich jener der Bor­kenkäfer, die sich in die Rin­den der Bäume einfressen, ihre Spuren und Zeichen hin­terlassen und eine geheim­nisvolle, aber dennoch klare und für einen Künstler sogar lesbare, weil sinnhafte „Schrift" hinterlassen. Das geht bei Angerer sogar so weit, dass ihm die Zeichen der Käfer musikalische Anregung bieten und er nicht nur nach diesen Spuren malt, sondern auch mit zunehmendem Erfolg komponiert. Musik übrigens, die inzwischen nicht nur in Konzerten, son­dern auch auf CD zu hören ist. Angerer nimmt Äste und Baumstämme mit nach Hause, druckt direkt vom Stamm die Spuren der Käfer ab, entdeckt immer aufs neue die unendliche Vielzahl der Formen und ihre eigen­artige Ordnung. Er entwic­kelte eine ganz neue und originale Malerei, die den Formenreichtum der Käfer­spuren umwandelte in Bilder von eigenartiger Schönheit und formaler wie farblicher Vielfalt. „Die Natur", so ent­deckte Angerer, "geht in all ihren Wegen immer den Weg des geringsten Widerstan­des", so fließt ein Fluss um ein Hindernis herum, der Käfer verlässt die zu harte Rinde und sucht sich eine weichere Stelle, durch die er wieder eindringen und weiterfressen kann. "Nur wer sie heraus kann reißen, der hat sie", wusste schon Dürer über die Natur zu sagen, und die Beobachtung der Natur hat bewusst oder unbewusst alle Kunst geprägt, jede Umset­zung legitimiert, auch die der reinen Abstraktion bis hin zur völligen Verweigerung gegen­ständlicher Darstellung. Die Natur setzt sich in der Kunst fort und durch, als das Allumfassende, das nicht nur um uns sondern auch in uns ist, weil wir Teil sind des natürlichen Prozesses, aber auch des ewigen Stirb und Werde, das uns ständig neu bewusst macht, dass das Ewige ein sich ewig Wan­delndes ist.
Als Weiterentwicklung entstehen aus diesen Fraßspuren Portraits, Landschaften und Skulpturen (siehe Links zu "Portraits", "Werke", "Skulpturen")

 

Verfasst von Angelica Bäumer